Kategorie: R&H CREATION

30 Jahre – 30 Fragen: Das Interview mit Frank Rothkopf (Part 2)

Nach dem fulminanten ersten Teil unseres Interviews mit Frank Rothkopf geht es heute schon in die zweite Runde. Bisher haben wir ja schon einiges über die Anfänge der Agentur erfahren, wie es zum großen Sprung in die Festival-Szene kam und über die Kunden gesprochen, die dafür den Weg bereitet haben. Aber das ist natürlich noch längst nicht alles, was es zu erzählen gibt!

Also, was dürft ihr erwarten? Wie es so schön heißt „ein bunter Strauß Blumen“ mit weiteren spannenden Ein- bzw. Rückblicke in das 30-jährige Agenturleben von R&H, noch mehr Anekdoten und natürlich lassen wir noch ein paar mehr Kolleg:innen zu Wort kommen.


Es geht jetzt also munter weiter. Und ab dafür!


30 JAHRE – 30 FRAGEN AN FRANK ROTHKOPF (PART 2)


Wir haben im ersten Teil ja schon viel über den Wandel der Agentur gehört. Von mal mehr, mal weniger Beschäftigten. Das hat sich doch bestimmt auch in den Räumlichkeiten widergespiegelt, oder? Vom Kellerloch wissen wir ja bereits.

Souterrain, bitteschön. (Er lacht und denkt an die Toilette, die sich in der Küche hinter einer Falttür verborgen hat. Wohl doch eher Kellerloch…) Als wir von der Heinrichstraße ausgezogen sind, sollten wir noch ein paar Mal die Büros wechseln, bevor wir in unseren jetzigen Räumlichkeiten heimisch geworden sind. Darunter war auch eine sehr bekannte Immobilie, die nach unserem Auszug zu einem SM-Studio mutierte. Das haben wir durch Zufall mitbekommen und mussten dann schon sehr lachen. Vor allem im Keller schien da einiges abzugehen…


Oje, na ich hoffe da unten wurde niemand von uns vergessen… Aber nutzen wir das mal als Überleitung:
Ich habe ja schon viel von diesen ominösen Agentur-Partys gehört. Jetzt musst du mal aus dem Party-Nähkästchen plaudern, was es denn damit auf sich hat.

Tja, also unsere Partys, die waren schon recht legendär… Wir haben damals auf der Fichtenstraße, wo die Agentur auch mal in den ehemaligen Vorstandsetagen der Rheinmetall untergekommen ist, in den alten Lagerhallen des Industriegeländes gefeiert. Die waren schon reichlich abgerockt. Kräne und ein alter Kram standen herum, bisschen gedimmtes Licht. Das hat einfach direkt eine super Atmosphäre gehabt und dort haben wir dann die ersten Promotor:innen-Partys geschmissen. Friends & Families waren ebenfalls eingeladen. Die haben dann auch nochmal Freund:innen mitgebracht. Dann kamen unsere Kund:innen noch dazu. Geschäftspartner:innen.
So ist das über die Jahre zu einem richtigen Event geworden.

Und es gab halt immer enorm viel Alkohol, was sich in wilden Tanzeinlagen und auch gerne mal am nächsten Morgen in den verschiedensten „Ausprägungen“ zeigte. Die leckeren Details erspar ich dir.


Danke, ich kann mir in etwa denken, worauf du hinauswillst… Und bevor du doch noch mit Einzelheiten rausrückst, schlag ich einen schnellen Themenwechsel vor: Du bist ja jemand mit dem man sich gerne unterhält; kurz mal abschweift und dann gemeinsam schaut, wo die Reise hingeht. Dieses Interview ist vielleicht der beste Beweis dafür. Gibt es denn auch eine Eigenschaft an dir, von der du manchmal denkst, die könnte was nervig sein?

… Diese Frage musst du mir beantworten.
Ich glaube, ich bin an sich ein recht verträglicher Zeitgenosse, oder?

Defintiv, aber...

… Aber?

Aber deine Ungeduld bis jemand den Satz beendet hat ist manchmal schon bewundernswert… 
(Die Interviewerin zieht an dieser Stelle eine Grimasse, die wir nicht näher beschreiben wollen.
Der Interviewte trinkt verschmitzt einen Schluck aus der Kaffeetasse. Contenance.)


Spaß beiseite, dies soll schließlich den vagen Anschein eines seriösen, ernstzunehmenden Interviews haben…
Gehen wir also mal besser zur nächsten Frage über. Vielleicht ist diese allerdings ein bisschen fies: Aber wenn du jetzt nochmal zurückblickst, was war dann dein absolutes Lieblingsprojekt? Also das Projekt, an das du dich erinnerst als wäre es gestern gewesen?

Es gibt zwei Projekte, die total geil waren. Also einmal das LAMY plus Sortiment, von dem ich dir bestimmt noch gleich erzähle, und dann definitiv das „Drum Inside Festival“.  Die Überlegung war, wie wir es schaffen können, die Zeit bis zur eigentlichen Festival-Saison zu verkürzen. Schließlich spielt sich die gesamte Live-Festival-Kommunikation immer nur in diesen wenigen Wochen im Sommer ab. Also mussten wir irgendwie den Winter verkürzen. Daher kam uns die Idee des Drum Inside Festivals, also einem Festival in einer Halle, das aber alles mitbrachte, was man auch Outdoor erwarten würde. Dazu haben wir das Stahlwerk hier in Düsseldorf gemietet, echten Rollrasen in der Halle ausgelegt, eine Bühne reingebaut und die Wände mit riesigen Bannern abgehängt, die so ein Open Air Feeling darstellten. Im Vorraum gab es ein Bierzelt und Draußen konnte man Campen. Die Acts waren natürlich auch nicht übel, u.a. waren die Donots dabei, die ja auch aktuell wieder Festivals spielen. Die 2.500 Tickets waren jedenfalls ruck zuck weg.


The Robocop Kraus

Plakat Drum Inside
Donots


Wow, das klingt aber echt nach einem Highlight!

War es auch! Das Geile war halt, dass man in diese Halle reingekommen ist und man direkt Rasen unter seinen Füßen hatte. Und dazu kam dieser olfaktorische Effekt und das ganze Drumherum. Da hattest Du einfach instant Festival Feeling. Das war schlicht mega!


Du hast ja schon angerissen, dass ihr neben Festival auch ganz klassische Kommunikation, u.a. für unterschiedliche Logistikunternehmen, gemacht habt. Über die Jahre kamen dann immer mehr Kunden hinzu. Die Aufgabenfelder wurden vielfältiger. Das Team größer. War das ein geplanter Schritt oder wie hat es sich dazu entwickelt?

Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass wir vor allem mit den Anforderungen, die an uns gestellt wurden, gewachsen sind. Insbesondere LAMY hat hier großen Einfluss auf unsere Entwicklung genommen. Ich hatte einen sehr guten Draht zur damaligen Marketingleitung des Unternehmens und uns wurden zahlreiche Projekte übertragen, in die wir uns erstmal richtig reinfuchsen mussten. Aber wie mit allen Aufgaben, haben wir uns sehr ernsthaft damit auseinandergesetzt und versucht, das, was wir machen, so gut wie möglich zu tun. Und das hat funktioniert.


Zu letztem kommen wir gleich noch einmal zurück, dass ist nämlich sehr spannend. Jetzt würde ich nur gerne noch die Geschichte hören, wie LAMY überhaupt zu euch gekommen ist

Das ist ja auch schon wieder so eine Story! (Er lacht) Also tatsächlich ist der Kontakt über eine Empfehlung zustande gekommen – und jetzt kommt’s: von dem Geschäftsführer einer der Agenturen, die wir damals in den ersten Jahren im Pitch um Drum geschlagen haben! Das soll schon was heißen, oder?

LAMY suchte damals eine junge Agentur, die ein bisschen frischer denkt als die Hausagenturen. Da hat sich der Mann tatsächlich wieder an „diese Typen aus Düsseldorf“ erinnert, die ihn so schrecklich gut aus dem Rennen geworfen haben, und uns so kurzerhand die Tür zur wunderbaren Welt der Schreibgeräte eröffnet. Das muss so…oh lass mich nicht lügen, 1999 gewesen sein? 

Also ich muss mich wiederholen: Ihr habt echt Eindruck hinterlassen! LAMY ist also auch schon länger mit an Bord. Stammkunde sozusagen. Für dich als Diplom-Designer war der Gewinn dieses Kunden sicherlich besonders schön, oder? (Just in diesem Moment hält die Redakteurin stolz ihren neuen LAMY safari hoch, Timing kann sie!)

Tja, was soll ich sagen? Da geht es um zeitloses, nachhaltiges Design und wer mich kennt, der weiß, dass das genau mein Ding ist. Mit den Jahren haben wir für LAMY dann die unterschiedlichsten Projekte und Events umgesetzt. Von ganz klassischer Markenkommunikation mit dem Schwerpunkt POS, über die Betreuung der verschiedenen Social-Media-Auftritten bis hin zur Umsetzung der LAMY World Conference war wirklich alles dabei. Und mit jeder neuen Challenge sind wir weitergewachsen. Rückblickend ist das schon ganz cool gelaufen.


Gab es darunter ein Projekt, dass bei dir ganz besonders Eindruck hinterlassen hat?

Da muss ich tatsächlich gar nicht lange überlegen. Das war, als LAMY beschlossen hat das Produktangebot um Mal- und Zeichenutensilien wie Farbstifte und Deckfarbkästen zu ergänzen. Schließlich lernt damit jeder wie man einen Stift hält, ne? War also ein ganz guter Move. Noch besser war jedoch, dass sie uns für das damals noch namenlose Projekt die gesamte visuelle Gestaltungsentwicklung übertragen haben. So richtig von A bis Z! Von der Konzeption und Realisation des Verpackungsdesigns bis zur Kommunikation im Fachhandel und Online sowie der letztendlichen Namensentwicklung, beruht das plus Sortiment auf unseren Ideen.


Ein anderes Projekt, dessen Konzeption und Realisation richtig Spass gemacht hat, war, als wir mit LAMY ihren ersten Festivalauftritt beim „A Summer’s Tale Festival 2019“ umgesetzt haben. Am gesamten Festival-Wochenende hatten die Besucher:innen die Möglichkeit an verschiedenen Aktivierungen teilzunehmen; alles zusammengefasst unter dem Hashtag #schreibGeschichte.

Von kreativen Workshops zum Thema Bullet Journaling und Kalligrafie bis zur Feder-Teststation und der Möglichkeit Postkarten direkt vom Festival nach Hause zu schicken, war echt viel für die Gäste geboten. Besonderes Highlight: Man konnte vor Ort seinen ganz individuellen LAMY safari Füller customizen. Kam irre gut an!


Verlassen wir jetzt aber mal LAMY und gehen nochmal zurück auf die Entwicklung anderer Bereiche bei R&H. Vorhin hast du es schon kurz angerissen. Jetzt darfst du gerne länger ausholen.

Die Aufforderung nehme ich gerne an (Er lacht erneut). Ich glaube, wir haben darüber gesprochen, dass wir mit den Anforderungen der Kunden und Kundinnen auch unsere Kompetenzen weiter ausgebaut haben, richtig? Und das war natürlich nicht nur so bei LAMY, sondern auch, und vielleicht insbesondere, im Live-Bereich. Wir haben ja immer schon im Rahmen der Promotion-Aktivierungen das entsprechende Personal für die Festivals gestellt. Allerdings haben wir das nie über die aktuellen Aufträge hinaus professionalisiert, sondern immer nur unseren eigenen Bedarf gedeckt. Das Feedback unserer Kunden zu unseren Promotor:innen war jedoch im Vergleich zu Mitbewerbern aus der Branche in der Regel erheblich besser. Die strategische Entscheidung daraus einen eigenen Bereich, nämlich unsere R&H People Unit, zu entwickeln, war dann irgendwann sehr naheliegend. Denn letztlich wollten wir immer schon auch ein konkretes Produkt haben, wo du genau weißt, was du wann kriegst. Und das kannst Du dann kaufen oder auch nicht. Mit R&H People haben wir genau dieses Ziel erreicht und können für jede Veranstaltungsart professionelles und passendes Personal zur Verfügung stellen.


Damit habt ihr euch also noch ein zusätzliches Standbein aufgebaut. Sicher ist sicher. Aber in 30 Jahren Rothkopf & Huberty kann es ja nicht nur Highlights gegeben haben. Wir haben im ersten Teil des Interviews schon über ein paar, ich sag mal mittelschwere Rückschläge gesprochen. Jetzt hatten wir zusätzlich noch mit einer weltweiten Pandemie zu kämpfen, die ja gerade dem Live- & Kulturbereich schwer zugesetzt hat. R&H ist dabei relativ gut durch die Krise gekommen, richtig? 

Ja, das würde ich so unterschreiben. Ich glaube für jemanden, der im Veranstaltungsbereich aktiv ist, haben wir ziemlich viel ziemlich gut gemacht. Wir haben schnell, flexibel und konsequent auf die Ereignisse reagiert und sind deshalb gut durchgekommen. Oh, darf ich an dieser Stelle noch was Wichtiges loswerden?


Ja klar, Frank. Das ist deine Bühne. Bitte.

Super, denn ich möchte auch noch mal allen Mitarbeitenden danken, die während dieser Zeit so viel Verständnis gezeigt haben! Also euch, die ihr alle mit uns am selben Strang gezogen habt.

Diese Ausnahmesituation hat uns alle vor ganz neue Herausforderungen gestellt und zurückblickend haben wir das gemeinsam echt gut gemeistert. Denn ohne ein gutes Team bist du einfach nichts. Das darf man nie vergessen!

Und diese Situation hat uns einfach gezeigt, dass der Zusammenhalt, den wir intern haben, auch funktioniert wenn es mal nicht ganz rund läuft. Und darauf bin ich mehr als stolz.


Das ist so schön, dass du das sagst. Das Tolle ist ja, dass R&H während dieser Zeit nicht nur zusammengehalten hat, sondern dass wir unmittelbar danach viele neue Teammitglieder gewonnen haben. Eher ungewöhnlich in Anbetracht der Lage.

Guter Punkt. So verrückt, wie das alles war, haben wir zudem das „fast“ Unmögliche geschafft und während der Pandemie in einem Pitch den Kunden JTI von uns überzeugen können.

Mit dem damit einhergehenden Wechsel von einem unserer Festival-Großkunden sind wir einen großen Schritt eingegangen, der sich aber ausgezahlt hat. Wir konnten trotz vieler Beschränkungen, Hygienemaßnahmen und wechselnden Corona-Bestimmungen 2021 doch knapp 100 Promotion-Aktivierungen mit unseren Supervisor:innen und Promoter:innen bei Corona-konformen Konzerten und Veranstaltungen umsetzen. Das Highlight war dann aber natürlich das Panama Open Air, das Ende des Jahres stattgefunden hat. Zwar nur in abgespeckter Version, aber es fühlte sich schon wieder verdammt nach Festival-Atmosphäre an als wir da unseren Stand endlich aufbauen und richtig bespielen konnten.


Aber jetzt schau doch mal in deine imaginäre Kristallkugel und sag uns, was du siehst. Nicht unbedingt für die nächsten 30 Jahre, so vermessen bin ich nicht, aber sagen wir mal für die nächsten 5. Was wird sich da deiner Meinung nach tun oder tun müssen?

Es gibt eine große Herausforderung – und diese Herausforderung lautet, wie sie schon immer gelautet hat: Wir müssen besser werden im Akquirieren. Ich glaube, dass wir ein gutes Paket anbieten, wir uns aber nicht zu sehr nur auf unsere Bestandskunden verlassen dürfen. Die Welt ist schließlich schnelllebig und Dinge ändern sich rasanter als noch vor 30 Jahren.

Meine Vision ist, dass wir uns langfristig noch viel stärker und konsequenter auf den Live-Bereich fokussieren. Bisher haben wir immer mehrere Sachen gleichzeitig gemacht, aber ich denke, dass wir uns jetzt noch stärker mit dem Live-Thema positionieren sollten, da das etwas ist, was wir erwiesenermaßen sehr gut machen. Zusammen mit anderen Bereichen wie der Creation, PoS oder Social Media bieten wir alles, was es braucht, um Live-Erlebnisse perfekt zu ergänzen und ein Kommunikationspaket zu liefern, das wirkt.

Wir sind nur einfach nicht bekannt genug und das müssen wir ändern. Und wenn das bedeutet, dass wir nochmal Schächtelchen falten und Pakete schnüren, dann machen wir das!


Das ist ein Plan! Ich besorg dann schonmal den Bastelkleber.
So, eine schnelle letzte Frage: Würdest du alles nochmal genauso machen?

Nein. (Er wartet kurz, bevor er verkündet:) 
Ich würde mehr darüber reden, wie gut wir sind, denn das haben wir nie wirklich gemacht und das ist ein Fehler!




Frank, was ein Abschluss! Es war mir eine Ehre, dass du dir Zeit für dieses Interview genommen hast und ein bisschen aus deiner Schatztruhe an 30 Jahren R&H Agenturhistorie die ein oder andere (Geschichts-)Perle herausgesucht hast. Hätten wir noch zwei Stunden drangehangen, wären dir sicher noch weitere „unmöglich mögliche“ Anekdoten eingefallen.

Und wie es immer so ist, man kann nicht jedes Projekt, jede Herausforderung, jeden Kunden oder jedes Highlight besprechen – ihr seid nicht vergessen, versprochen!

Danke an dieser Stelle auch nochmal an alle, die geholfen haben, R&H dahin zubringen, wo wir heute stehen. An diejenigen, die diese Interviewreihe zusätzlich unterstützt haben; Material rausgesucht und Ideen geliefert haben.

ABER wir sind noch nicht ganz am Ende der Reise. Marc Lütkemeier, der seit nunmehr auch über 20 Jahren an Bord ist, darf natürlich bei dieser Jubiläums-Interviewreihe nicht fehlen. Seine Einblicke in die Agenturgeschichte bekommt ihr dann im dritten und letzten Teil präsentiert. Bis dahin, habt eine schöne Woche!

30 Jahre – 30 Fragen: Das Interview mit Frank Rothkopf (Part 1)

Herzlichen Glückwunsch ­– R&H wird 30! Sollten wir das feiern? Und wie wir das sollten! Schließlich ist das eine Hausnummer, die erstmal erreicht werden will! 

Vielleicht fragt ihr euch, wie es dazu kam, dass wir heute da stehen, wo wir stehen –
u­nd uns insbesondere als Agentur für Livemarketing einen Namen gemacht haben? Verrückt, denn genau dasselbe hat sich die Redakteurin dieser Interview-Reihe auch gefragt und sich kurzerhand Frank Rothkopf, einen der OGs („Original-Gründer“) der Rothkopf & Huberty Werbeagentur GmbH, geschnappt. Denn wie es unser Agenturname leise andeutet, ist er als einer der Namensgeber seit Beginn an auch geschäftsführender Gesellschafter. Wenn also jemand Bescheid weiß, dann er!

Mit dieser Vorgeschichte hat er sich auch das Vorrecht ergattert, uns als erster Rede und Antwort zu stehen und ein bisschen aus dem guten, alten Nähkästchen zu plaudern. Von den spannenden, leicht chaotischen Anfängen bis zum Best-of des Agenturlebens. Dabei ist eins klar: Mit einer handvoll Fragen können wir dieses Lebenswerk nicht mal eben abdecken. Also haben wir uns diese prominiente „30“ als Aufhänger geschnappt und kurzerhand ein etwas längeres, aber wahnsinnig unterhaltsames Gespräch mit unserem Frank Rothkopf geführt. Den ersten Teil des Interviews könnt ihr euch jetzt direkt zu Gemüte ziehen. Teil 2 folgt dann zeitnah.



Und damit dieses Intro nicht länger wird als das Interview, starten wir jetzt einfach mit:

30 JAHRE – 30 FRAGEN AN FRANK ROTHKOPF (PART 1)


1993 – das Jahr, in dem alles begann. Aber wie begann es überhaupt? Frank, wie kam es dazu, dass du und dein ehemaliger Kollege Philipp Huberty die Agentur gegründet habt? Was war der Auslöser? Erzähl mal.

Rüttelplattenverdichter. Man könnte sagen, der Auslöser waren Rüttelplattenverdichter… Aber vielleicht fange ich besser mal von etwas weiter vorne an. Philipp und ich waren in den 90igern als Team für verschiedene Agenturen tätig. Er im Bereich der Konzeption, ich für visuelle Kommunikation ­– denn ich bin ausgebildeter Diplom-Designer. Eines Tages erhielten wir mal wieder ein Briefing von der Agentur, für die wir aktuell arbeiteten: eine Broschüre sollte erstellt werden – für eben jene Rüttelplattenverdichter. Und als wir da so saßen in unseren Lieblings-Fischrestaurant in Kaiserswerth und uns ein passendes Konzept überlegen wollten, kam uns die Erleuchtung. Nur anders als erwartet.


Die Erleuchtung? Das klingt ein bisschen als wäre da vielleicht auch ein Glas Wein im Spiel gewesen?

Möglich… Aber am Ende zählt nur das Ziel und das war an diesem Abend klar: wir haben uns nicht für den Rest unseres Lebens als anonyme Broschüren-Gestalter für Baumaschinen und Co. gesehen. Also stellten wir uns die Frage, ob wir nicht einfach mal was Eigenes versuchen sollen und haben unseren sicheren Job an den Nagel gehängt. 


Okay, aber so ganz ohne Seil und doppelten Boden ist das ja ein ziemlich gewagter Schritt in die Selbstständigkeit, oder?

Sagen wir es so, unsere Entscheidung jetzt unser eigenes Ding zu machen, war nicht so ganz aus der Luft gegriffen. Ich hatte kurze Zeit vorher zufällig einen Erfinder kennengelernt, der ein innovatives Verhütungsmittel für den Mann entwickelt hatte ­– jedoch ohne die notwendigen klinischen Studien. So kam es, dass wir trotz der groß angelegten Kampagne, zahlreichen Veröffentlichungen, Fernsehauftritten und Radiointerviews, die erhofften Millionen für uns dann doch ausblieben. Faktisch haben wir nichts monetäres an dem Job verdient, aber gesehen, dass wir durchaus in der Lage sind, unsere Kompetenzen werbewirksam einzusetzen. Bei unserer alten Agentur hatten wir eh gekündigt. Es gab also nur den Schritt nach vorne.


Das heißt es wurde ernst?

Ja, am 01. April 1993 wurde dann die Rothkopf & Huberty Werbeagentur geboren – und zwar an den begehrten Agentur-Hotspots Essen und Korschenbroich; Abfahrt Flur – Richtung Wohnzimmer… Von diesen beiden Standorten ausgehend haben Huberty und ich, in Zeiten, wo es noch keine E-Mail gab, begonnen unsere Agentur aufzuziehen. Wir mussten ja erstmal einen Kundenstamm aufbauen. Aber wie? Tja, und dann kam die erste sagenumwobene Broschüre ins Spiel.


Das klingt nicht danach, als wärt ihr auf ein klassisches 08/15 Faltblatt gegangen…

Stimmt genau! Unsere Überlegung war, dass die Broschüre natürlich Aufmerksamkeit erregen soll – und eine Broschüre, die Aufmerksamkeit erregt, ist nicht einfach ein gedrucktes Produkt, sondern ein visuelles Erlebnis. Individuell gestaltete Seiten, mit denen man interagieren kann, mit Holzbindung, verstärkt mit Schrauben und eingebundenen in offener Wellpappe.

Da war die Konzeption des Ganzen noch der einfachste Teil, aber bekomm 1993 mal ne offene Wellpappe! 

(Anm. d. Red: aus Platzgründen wurde der Exkurs über Wellpappe der 1990iger Jahre, deren Zusammensetzung  und Beschaffung gestrichen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an Frank Rothkopf oder Ihren lokalen Wellpappe-Dealer.)


Zum Glück habt ihr aber doch noch die passende Pappe bekommen! Insgesamt gab es von dieser „Broschüre“ 100 Exemplare, die ihr da in Heimarbeit angefertigt habt. Hat sich der Aufwand denn gelohnt?

Naja, die Rückmeldequote war eher mau, unser Erspartes neigte sich langsam dem Ende zu und so mussten wir uns überlegen, wie es weiter gehen soll. Die zwei Standorte waren jedenfalls nicht zielführend. Daher mieteten wir unsere ersten Agenturräume für schlanke 400 Mark in einem Kellerraum in Düsseldorf an. Und da uns das tagelange Zocken von Videospielen auch nicht die erhoffte Kundschaft brachte, mussten wir dann selbst zum Telefon greifen. Wir standen schließlich mit dem Rücken zur Wand. Wenn wir jetzt keine Kunden gewinnen, dann machen wir zu, bevor wir richtig aufgemacht haben.


Oha! Da wir jetzt, 30 Jahre später, dieses Interview führen, muss sich deine Akquise-Tätigkeit wohl ausgezahlt haben? 

Kann man so sagen. Von den 100 oder 110 Leuten, die wir angerufen habe, gaben uns 27 Termine. Gut, viele wurden dann doch wieder kurzfristig abgesagt. Aber bei den verbliebenen war dann auch die Drehtabakmarke Drum dabei – und die sollte unsere Agentur ordentlich umkrempeln.


Der Startschuss für R&H wie wir es jetzt kennen?

Sozusagen, aber auch hier war – wie so oft bei R&H – der Zufall unser Wegbereiter. Nachdem wir uns dem Marketingleiter von Drum – damals Weltmarktführer im Bereich Drehtabak – als klassische Agentur vorgestellt haben, stellte er uns DIE Frage, weshalb wir heute als Agentur für Livemarketing bekannt sind, nämlich: „Könnt ihr auch Event?“ und wir so: „Na klar!“, denn das Wasser stand uns echt bis zum Hals. Bei dem saftigen Etat, der dabei im Raum stand, konnten und wollten wir nicht nein sagen. Und so hatten wir dann plötzlich die Chance als völlig unbekannte Zwei-Mann-Agentur an einem lukrativen Pitch teilzunehmen.

Lass mich kurz die Spannung vorwegnehmen: Wir gingen als Sieger hervor. Denn zu dieser Zeit sah Live-Marketing immer gleich aus. Die renommierten Agenturen kauften sich als Sponsor bei irgendwelchen großen Konzert-Giganten wie den Rolling Stones oder der guten alten Tina Turner (RIP) ein und dann war das Geld auch schon verprasst. Da fiel unsere Idee der Groovin‘ Docks Boat Party schon so ziemlich aus dem Rahmen.


Das klingt nach dem ersten Highlight für Rothkopf & Huberty. Erzähl mal, was wir uns darunter vorstellen dürfen.

Wir wollten etwas machen, über das noch lange, nachdem es schon vorbei ist, gesprochen wird. Etwas, das den Leuten im Kopf bleibt. Ein Markenerlebnis, wenn du das so nennen magst. So kreierten wir für Drum eine eigene Bootparty-Veranstaltungsreihe. Ein von uns umgebauter Kohlefrachter wurde zur Konzertbühne mit Bar und allem Pipapo. Er diente dann als schwimmende Konzert- und Partylocation in insgesamt 16 Städten. Einmal rauf von Frankfurt bis nach Berlin in 6 Wochen. Also ja. Das kann man wohl als Highlight bezeichnen, denn Partys auf Booten gab es damals in der Form, anders als heute, nicht. Unser Nachhaltigkeits-Plan ging übrigens auch auf. Noch Jahre danach wurden wir immer wieder von Kund:innen und Mitbewerber:innen darauf angesprochen. (Da grinst er)

Zwar haben wir nach dieser Tour keine Partyboote mehr in See stechen lassen, aber die Themen „Live“ und „Musik“ waren für die Marke Drum nach wie vor wichtig. Statt klassischem Konzertsponsoring kam uns damals das Thema Festivals in den Sinn. Drum war begeistert und damit waren wir die ersten, die 1996 das Thema Festivalsponsoring mit großem Markenauftritt in Modulform neu interpretiert haben. Und deswegen dürfen wir uns heute auch mit ein bisschen Stolz „First Mover“ in diesem Bereich nennen. Schließlich hatte bis dahin niemand das volle Marketing-Potential von Festivals erkannt oder wirklich viel da rein investiert. Da waren wir Vorreiter.


Wie es sich manchmal einfach so fügt … schon verrückt. Wow, jetzt haben wir auch einen Großteil der Fragen für den ersten Interview-Teil schon hinter uns gebracht. Wenn ich mir das so anschaue, dann haben wir hier fast schon die Länge von einer ZEIT- Extrabeilage erreicht. Aber dann natürlich nur echt aus Holz mit Schräubchen und Wellpappe…

Hammer! Aber bevor wir zu den letzten Fragen kommen: hab‘ ich dir eigentlich von unserem Sensationsmailing erzählt? Das kam nämlich nach der Wellpappe-Aktion, wo du das hier gerade nochmal erwähnt hast. Also, so viel Zeit muss sein.

Nachdem das erste Mailing uns doch einige Kontakte beschert hat, wollten wir mit dem zweiten noch eins draufsetzen. Also haben wir uns was ganz Besonders überlegt. Getreu dem Motto: steter Tropfen höhlt den Stein haben wir über einen Zeitraum von 10 Wochen jede Woche ein kleines Paket an unsere Wunsch-Unternehmen verschickt. Insgesamt also 10 Stück, die man zum Schluss noch in einen passenden Schuber stellen konnte. Jede Schachtel war etwa DIN A5 groß und verkörperte eine ganz eigene Thematik. Da war zum Beispiel das Konzept-Mailing, wo drinstand: „Hier haben wir Ihnen schon mal ein paar Ideen beigelegt. Sie müssen nur noch die Buchstaben sortieren.“ Und dann lagen da einfach Buchstaben-Nudeln drin. Oder das Think big Mailing. Da war ein auf DIN A6 kleingefaltetes Poster drin, das auseinandergefaltet doppelte DIN A0 Größe hatte. Der Slogan: „Hier sieht man, dass eine kleine Agentur auch große Sachen machen kann.“ Nur so Dinger halt. 

Und den Leuten hat es gefallen – größtenteils jedenfalls… Wir haben öfter gehört, dass das das beste Mailing war, was sie je bekommen haben. War ja auch ein ganz schöner Aufwand, ne? Nur einer, der fühlte sich von dem Mailing„bedroht“ und bat uns davon Abstand zu nehmen im Päckchen zu schicken. War ihm wohl zu extra. (Er lacht) Aber du wolltest mich doch was fragen? Endspurt?


Endspurt. Machen wir hier also einen harten Cut und springen ins Jahr 2007. Huberty hat zwischenzeitlich die Agentur verlassen, ein neuer Geschäftsführer ist an deine Seite getreten.

Damit einhergehend wurden auch neue Kunden aus anderen Bereichen, darunter C. Josef LAMY und TNT Express akquiriert. Parallel habt ihr für Drum weiterhin sehr erfolgreich Festivalpromotion betrieben – und das dann schon seit 13 Jahren. Es lief also recht gut. Aber dann…

Dann kam der große Knall. Ups und Downs sind zwar normal im Agenturgeschäft, aber 2007 hat es uns schon doppelt hart getroffen. Zwei große Etats, darunter auch der von Drum, sind aufgrund von strategischen oder Wechseln in der Marketingleitung fast zeitgleich weggefallen. Das konnten wir so schnell gar nicht wegstecken. Meinen neuen Geschäftspartner musste ich ziehen lassen und so blieben plötzlich nur noch Jasmin Moritz, damals noch Grafik-Auszubildende (Anm. d. Red: Sie ist heute immer noch bei R&H und macht als Art Directorin einen ziemlich, ziemlich guten Job) sowie mein damals schon langjähriger Begleiter Marc Lütkemeier übrig und ich musste schauen ob und wie es weitergeht. 


Hattest du in dieser Zeit irgendwann das Gefühl alles am liebsten hinzuschmeißen? 

Klar. Wir haben nach diesem harten Cut praktisch einen kompletten Reset gemacht und uns in den folgenden zwei Jahren wieder Stück für Stück hochackern müssen. Gefühlt folgte auf jeden Erfolg, eine Enttäuschung und dann kommt man schon mal ins Grübeln. Wie oft möchte man es noch probieren? Alleine, im Team oder doch wieder irgendwo festangestellt? 

Letztendlich ist mir irgendwann klar geworden, dass ich eher der Typ Team bin, sowohl wegen des Sparrings bei vielen Themen, aber auch weil die Verantwortung auf mehreren Schultern stabiler verteilt ist. Außerdem wurde mir klar, dass es mir nicht darum geht, den maximalen Profit für mich zu erzielen, sondern lieber gemeinsam mit Menschen etwas auf die Beine zu stellen. Marc war deshalb, nachdem wir bereits über viele Jahre hinweg gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet hatten, meine erste Wahl als zukünftiger Teilhaber. Und jetzt stell dir vor, er sagte ja! 


Marc wird uns dazu bestimmt auch noch ein bisschen was erzählen. Kam denn mit dieser neuen Aufstellung auch die Wende?

Und wie! Plötzlich kam der Anruf von ReemtsmaSie wollen mit JPS (Anm. d. Red.: Zigarettenmarke John Player Special) auf Festivals gehen. Zwei Wochen später rief dann auch Converse an. Wir seien ihnen empfohlen worden. Ob wir Bock hätten, die Festivallandschaft mit ihnen zu rocken? Und wir hatten Bock, keine Frage!

Damit ging es dann auch endlich wieder in die richtige Richtung für Rothkopf & Huberty – und die hält bis heute an!


Wow, wenn das nicht mal ein schöner Abschluss für unseren ersten Teil dieser Interviewreihe und ein positiver Ausblick auf die folgenden Jahre ist. Aber nach so viel Agenturgeschichte haben wir uns jetzt erstmal eine kleine Pause verdient. Gehen wir also in den Backstage-Bereich und genießen ein erfrischendes Kaltgetränk, bevor wir dann in den zweiten Part starten. So viel können wir jetzt schon verraten: Es gibt noch einiges zu erzählen! 😉

Wir sagen jetzt aber erstmal tschüß und viel Spaß bei der Fortsetzung…

Jetzt wird gebloggt!

Wir bloggen aus jeder Ecke der Agentur.

Angelehnt an unsere vier Units R&H CREATION, R&H LIVE!, R&H PEOPLE und R&H SOCIAL sind unsere Themen ebenso vielfältig wie die Projekte, die wir Tag für Tag umsetzen. Unser Blog gibt euch einen Einblick in unsere Arbeit, zeigt, was uns inspiriert und bewegt und bietet kurzweilige News, Trends und Insights.

Apropos Units: In unseren Mission Statements erfahrt ihr kurz und knapp, was das Kerngeschäft unserer vier Teams ist. Also, schaut euch schon mal auf unserer Webseite um, während wir uns hier weiter um spannenden Blog-Content kümmern. More to come!