30 Jahre – 30 Fragen: Das Interview mit Frank Rothkopf (Part 2)

Nach dem fulminanten ersten Teil unseres Interviews mit Frank Rothkopf geht es heute schon in die zweite Runde. Bisher haben wir ja schon einiges über die Anfänge der Agentur erfahren, wie es zum großen Sprung in die Festival-Szene kam und über die Kunden gesprochen, die dafür den Weg bereitet haben. Aber das ist natürlich noch längst nicht alles, was es zu erzählen gibt!

Also, was dürft ihr erwarten? Wie es so schön heißt „ein bunter Strauß Blumen“ mit weiteren spannenden Ein- bzw. Rückblicke in das 30-jährige Agenturleben von R&H, noch mehr Anekdoten und natürlich lassen wir noch ein paar mehr Kolleg:innen zu Wort kommen.


Es geht jetzt also munter weiter. Und ab dafür!


30 JAHRE – 30 FRAGEN AN FRANK ROTHKOPF (PART 2)


Wir haben im ersten Teil ja schon viel über den Wandel der Agentur gehört. Von mal mehr, mal weniger Beschäftigten. Das hat sich doch bestimmt auch in den Räumlichkeiten widergespiegelt, oder? Vom Kellerloch wissen wir ja bereits.

Souterrain, bitteschön. (Er lacht und denkt an die Toilette, die sich in der Küche hinter einer Falttür verborgen hat. Wohl doch eher Kellerloch…) Als wir von der Heinrichstraße ausgezogen sind, sollten wir noch ein paar Mal die Büros wechseln, bevor wir in unseren jetzigen Räumlichkeiten heimisch geworden sind. Darunter war auch eine sehr bekannte Immobilie, die nach unserem Auszug zu einem SM-Studio mutierte. Das haben wir durch Zufall mitbekommen und mussten dann schon sehr lachen. Vor allem im Keller schien da einiges abzugehen…


Oje, na ich hoffe da unten wurde niemand von uns vergessen… Aber nutzen wir das mal als Überleitung:
Ich habe ja schon viel von diesen ominösen Agentur-Partys gehört. Jetzt musst du mal aus dem Party-Nähkästchen plaudern, was es denn damit auf sich hat.

Tja, also unsere Partys, die waren schon recht legendär… Wir haben damals auf der Fichtenstraße, wo die Agentur auch mal in den ehemaligen Vorstandsetagen der Rheinmetall untergekommen ist, in den alten Lagerhallen des Industriegeländes gefeiert. Die waren schon reichlich abgerockt. Kräne und ein alter Kram standen herum, bisschen gedimmtes Licht. Das hat einfach direkt eine super Atmosphäre gehabt und dort haben wir dann die ersten Promotor:innen-Partys geschmissen. Friends & Families waren ebenfalls eingeladen. Die haben dann auch nochmal Freund:innen mitgebracht. Dann kamen unsere Kund:innen noch dazu. Geschäftspartner:innen.
So ist das über die Jahre zu einem richtigen Event geworden.

Und es gab halt immer enorm viel Alkohol, was sich in wilden Tanzeinlagen und auch gerne mal am nächsten Morgen in den verschiedensten „Ausprägungen“ zeigte. Die leckeren Details erspar ich dir.


Danke, ich kann mir in etwa denken, worauf du hinauswillst… Und bevor du doch noch mit Einzelheiten rausrückst, schlag ich einen schnellen Themenwechsel vor: Du bist ja jemand mit dem man sich gerne unterhält; kurz mal abschweift und dann gemeinsam schaut, wo die Reise hingeht. Dieses Interview ist vielleicht der beste Beweis dafür. Gibt es denn auch eine Eigenschaft an dir, von der du manchmal denkst, die könnte was nervig sein?

… Diese Frage musst du mir beantworten.
Ich glaube, ich bin an sich ein recht verträglicher Zeitgenosse, oder?

Defintiv, aber...

… Aber?

Aber deine Ungeduld bis jemand den Satz beendet hat ist manchmal schon bewundernswert… 
(Die Interviewerin zieht an dieser Stelle eine Grimasse, die wir nicht näher beschreiben wollen.
Der Interviewte trinkt verschmitzt einen Schluck aus der Kaffeetasse. Contenance.)


Spaß beiseite, dies soll schließlich den vagen Anschein eines seriösen, ernstzunehmenden Interviews haben…
Gehen wir also mal besser zur nächsten Frage über. Vielleicht ist diese allerdings ein bisschen fies: Aber wenn du jetzt nochmal zurückblickst, was war dann dein absolutes Lieblingsprojekt? Also das Projekt, an das du dich erinnerst als wäre es gestern gewesen?

Es gibt zwei Projekte, die total geil waren. Also einmal das LAMY plus Sortiment, von dem ich dir bestimmt noch gleich erzähle, und dann definitiv das „Drum Inside Festival“.  Die Überlegung war, wie wir es schaffen können, die Zeit bis zur eigentlichen Festival-Saison zu verkürzen. Schließlich spielt sich die gesamte Live-Festival-Kommunikation immer nur in diesen wenigen Wochen im Sommer ab. Also mussten wir irgendwie den Winter verkürzen. Daher kam uns die Idee des Drum Inside Festivals, also einem Festival in einer Halle, das aber alles mitbrachte, was man auch Outdoor erwarten würde. Dazu haben wir das Stahlwerk hier in Düsseldorf gemietet, echten Rollrasen in der Halle ausgelegt, eine Bühne reingebaut und die Wände mit riesigen Bannern abgehängt, die so ein Open Air Feeling darstellten. Im Vorraum gab es ein Bierzelt und Draußen konnte man Campen. Die Acts waren natürlich auch nicht übel, u.a. waren die Donots dabei, die ja auch aktuell wieder Festivals spielen. Die 2.500 Tickets waren jedenfalls ruck zuck weg.


The Robocop Kraus

Plakat Drum Inside
Donots


Wow, das klingt aber echt nach einem Highlight!

War es auch! Das Geile war halt, dass man in diese Halle reingekommen ist und man direkt Rasen unter seinen Füßen hatte. Und dazu kam dieser olfaktorische Effekt und das ganze Drumherum. Da hattest Du einfach instant Festival Feeling. Das war schlicht mega!


Du hast ja schon angerissen, dass ihr neben Festival auch ganz klassische Kommunikation, u.a. für unterschiedliche Logistikunternehmen, gemacht habt. Über die Jahre kamen dann immer mehr Kunden hinzu. Die Aufgabenfelder wurden vielfältiger. Das Team größer. War das ein geplanter Schritt oder wie hat es sich dazu entwickelt?

Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass wir vor allem mit den Anforderungen, die an uns gestellt wurden, gewachsen sind. Insbesondere LAMY hat hier großen Einfluss auf unsere Entwicklung genommen. Ich hatte einen sehr guten Draht zur damaligen Marketingleitung des Unternehmens und uns wurden zahlreiche Projekte übertragen, in die wir uns erstmal richtig reinfuchsen mussten. Aber wie mit allen Aufgaben, haben wir uns sehr ernsthaft damit auseinandergesetzt und versucht, das, was wir machen, so gut wie möglich zu tun. Und das hat funktioniert.


Zu letztem kommen wir gleich noch einmal zurück, dass ist nämlich sehr spannend. Jetzt würde ich nur gerne noch die Geschichte hören, wie LAMY überhaupt zu euch gekommen ist

Das ist ja auch schon wieder so eine Story! (Er lacht) Also tatsächlich ist der Kontakt über eine Empfehlung zustande gekommen – und jetzt kommt’s: von dem Geschäftsführer einer der Agenturen, die wir damals in den ersten Jahren im Pitch um Drum geschlagen haben! Das soll schon was heißen, oder?

LAMY suchte damals eine junge Agentur, die ein bisschen frischer denkt als die Hausagenturen. Da hat sich der Mann tatsächlich wieder an „diese Typen aus Düsseldorf“ erinnert, die ihn so schrecklich gut aus dem Rennen geworfen haben, und uns so kurzerhand die Tür zur wunderbaren Welt der Schreibgeräte eröffnet. Das muss so…oh lass mich nicht lügen, 1999 gewesen sein? 

Also ich muss mich wiederholen: Ihr habt echt Eindruck hinterlassen! LAMY ist also auch schon länger mit an Bord. Stammkunde sozusagen. Für dich als Diplom-Designer war der Gewinn dieses Kunden sicherlich besonders schön, oder? (Just in diesem Moment hält die Redakteurin stolz ihren neuen LAMY safari hoch, Timing kann sie!)

Tja, was soll ich sagen? Da geht es um zeitloses, nachhaltiges Design und wer mich kennt, der weiß, dass das genau mein Ding ist. Mit den Jahren haben wir für LAMY dann die unterschiedlichsten Projekte und Events umgesetzt. Von ganz klassischer Markenkommunikation mit dem Schwerpunkt POS, über die Betreuung der verschiedenen Social-Media-Auftritten bis hin zur Umsetzung der LAMY World Conference war wirklich alles dabei. Und mit jeder neuen Challenge sind wir weitergewachsen. Rückblickend ist das schon ganz cool gelaufen.


Gab es darunter ein Projekt, dass bei dir ganz besonders Eindruck hinterlassen hat?

Da muss ich tatsächlich gar nicht lange überlegen. Das war, als LAMY beschlossen hat das Produktangebot um Mal- und Zeichenutensilien wie Farbstifte und Deckfarbkästen zu ergänzen. Schließlich lernt damit jeder wie man einen Stift hält, ne? War also ein ganz guter Move. Noch besser war jedoch, dass sie uns für das damals noch namenlose Projekt die gesamte visuelle Gestaltungsentwicklung übertragen haben. So richtig von A bis Z! Von der Konzeption und Realisation des Verpackungsdesigns bis zur Kommunikation im Fachhandel und Online sowie der letztendlichen Namensentwicklung, beruht das plus Sortiment auf unseren Ideen.


Ein anderes Projekt, dessen Konzeption und Realisation richtig Spass gemacht hat, war, als wir mit LAMY ihren ersten Festivalauftritt beim „A Summer’s Tale Festival 2019“ umgesetzt haben. Am gesamten Festival-Wochenende hatten die Besucher:innen die Möglichkeit an verschiedenen Aktivierungen teilzunehmen; alles zusammengefasst unter dem Hashtag #schreibGeschichte.

Von kreativen Workshops zum Thema Bullet Journaling und Kalligrafie bis zur Feder-Teststation und der Möglichkeit Postkarten direkt vom Festival nach Hause zu schicken, war echt viel für die Gäste geboten. Besonderes Highlight: Man konnte vor Ort seinen ganz individuellen LAMY safari Füller customizen. Kam irre gut an!


Verlassen wir jetzt aber mal LAMY und gehen nochmal zurück auf die Entwicklung anderer Bereiche bei R&H. Vorhin hast du es schon kurz angerissen. Jetzt darfst du gerne länger ausholen.

Die Aufforderung nehme ich gerne an (Er lacht erneut). Ich glaube, wir haben darüber gesprochen, dass wir mit den Anforderungen der Kunden und Kundinnen auch unsere Kompetenzen weiter ausgebaut haben, richtig? Und das war natürlich nicht nur so bei LAMY, sondern auch, und vielleicht insbesondere, im Live-Bereich. Wir haben ja immer schon im Rahmen der Promotion-Aktivierungen das entsprechende Personal für die Festivals gestellt. Allerdings haben wir das nie über die aktuellen Aufträge hinaus professionalisiert, sondern immer nur unseren eigenen Bedarf gedeckt. Das Feedback unserer Kunden zu unseren Promotor:innen war jedoch im Vergleich zu Mitbewerbern aus der Branche in der Regel erheblich besser. Die strategische Entscheidung daraus einen eigenen Bereich, nämlich unsere R&H People Unit, zu entwickeln, war dann irgendwann sehr naheliegend. Denn letztlich wollten wir immer schon auch ein konkretes Produkt haben, wo du genau weißt, was du wann kriegst. Und das kannst Du dann kaufen oder auch nicht. Mit R&H People haben wir genau dieses Ziel erreicht und können für jede Veranstaltungsart professionelles und passendes Personal zur Verfügung stellen.


Damit habt ihr euch also noch ein zusätzliches Standbein aufgebaut. Sicher ist sicher. Aber in 30 Jahren Rothkopf & Huberty kann es ja nicht nur Highlights gegeben haben. Wir haben im ersten Teil des Interviews schon über ein paar, ich sag mal mittelschwere Rückschläge gesprochen. Jetzt hatten wir zusätzlich noch mit einer weltweiten Pandemie zu kämpfen, die ja gerade dem Live- & Kulturbereich schwer zugesetzt hat. R&H ist dabei relativ gut durch die Krise gekommen, richtig? 

Ja, das würde ich so unterschreiben. Ich glaube für jemanden, der im Veranstaltungsbereich aktiv ist, haben wir ziemlich viel ziemlich gut gemacht. Wir haben schnell, flexibel und konsequent auf die Ereignisse reagiert und sind deshalb gut durchgekommen. Oh, darf ich an dieser Stelle noch was Wichtiges loswerden?


Ja klar, Frank. Das ist deine Bühne. Bitte.

Super, denn ich möchte auch noch mal allen Mitarbeitenden danken, die während dieser Zeit so viel Verständnis gezeigt haben! Also euch, die ihr alle mit uns am selben Strang gezogen habt.

Diese Ausnahmesituation hat uns alle vor ganz neue Herausforderungen gestellt und zurückblickend haben wir das gemeinsam echt gut gemeistert. Denn ohne ein gutes Team bist du einfach nichts. Das darf man nie vergessen!

Und diese Situation hat uns einfach gezeigt, dass der Zusammenhalt, den wir intern haben, auch funktioniert wenn es mal nicht ganz rund läuft. Und darauf bin ich mehr als stolz.


Das ist so schön, dass du das sagst. Das Tolle ist ja, dass R&H während dieser Zeit nicht nur zusammengehalten hat, sondern dass wir unmittelbar danach viele neue Teammitglieder gewonnen haben. Eher ungewöhnlich in Anbetracht der Lage.

Guter Punkt. So verrückt, wie das alles war, haben wir zudem das „fast“ Unmögliche geschafft und während der Pandemie in einem Pitch den Kunden JTI von uns überzeugen können.

Mit dem damit einhergehenden Wechsel von einem unserer Festival-Großkunden sind wir einen großen Schritt eingegangen, der sich aber ausgezahlt hat. Wir konnten trotz vieler Beschränkungen, Hygienemaßnahmen und wechselnden Corona-Bestimmungen 2021 doch knapp 100 Promotion-Aktivierungen mit unseren Supervisor:innen und Promoter:innen bei Corona-konformen Konzerten und Veranstaltungen umsetzen. Das Highlight war dann aber natürlich das Panama Open Air, das Ende des Jahres stattgefunden hat. Zwar nur in abgespeckter Version, aber es fühlte sich schon wieder verdammt nach Festival-Atmosphäre an als wir da unseren Stand endlich aufbauen und richtig bespielen konnten.


Aber jetzt schau doch mal in deine imaginäre Kristallkugel und sag uns, was du siehst. Nicht unbedingt für die nächsten 30 Jahre, so vermessen bin ich nicht, aber sagen wir mal für die nächsten 5. Was wird sich da deiner Meinung nach tun oder tun müssen?

Es gibt eine große Herausforderung – und diese Herausforderung lautet, wie sie schon immer gelautet hat: Wir müssen besser werden im Akquirieren. Ich glaube, dass wir ein gutes Paket anbieten, wir uns aber nicht zu sehr nur auf unsere Bestandskunden verlassen dürfen. Die Welt ist schließlich schnelllebig und Dinge ändern sich rasanter als noch vor 30 Jahren.

Meine Vision ist, dass wir uns langfristig noch viel stärker und konsequenter auf den Live-Bereich fokussieren. Bisher haben wir immer mehrere Sachen gleichzeitig gemacht, aber ich denke, dass wir uns jetzt noch stärker mit dem Live-Thema positionieren sollten, da das etwas ist, was wir erwiesenermaßen sehr gut machen. Zusammen mit anderen Bereichen wie der Creation, PoS oder Social Media bieten wir alles, was es braucht, um Live-Erlebnisse perfekt zu ergänzen und ein Kommunikationspaket zu liefern, das wirkt.

Wir sind nur einfach nicht bekannt genug und das müssen wir ändern. Und wenn das bedeutet, dass wir nochmal Schächtelchen falten und Pakete schnüren, dann machen wir das!


Das ist ein Plan! Ich besorg dann schonmal den Bastelkleber.
So, eine schnelle letzte Frage: Würdest du alles nochmal genauso machen?

Nein. (Er wartet kurz, bevor er verkündet:) 
Ich würde mehr darüber reden, wie gut wir sind, denn das haben wir nie wirklich gemacht und das ist ein Fehler!




Frank, was ein Abschluss! Es war mir eine Ehre, dass du dir Zeit für dieses Interview genommen hast und ein bisschen aus deiner Schatztruhe an 30 Jahren R&H Agenturhistorie die ein oder andere (Geschichts-)Perle herausgesucht hast. Hätten wir noch zwei Stunden drangehangen, wären dir sicher noch weitere „unmöglich mögliche“ Anekdoten eingefallen.

Und wie es immer so ist, man kann nicht jedes Projekt, jede Herausforderung, jeden Kunden oder jedes Highlight besprechen – ihr seid nicht vergessen, versprochen!

Danke an dieser Stelle auch nochmal an alle, die geholfen haben, R&H dahin zubringen, wo wir heute stehen. An diejenigen, die diese Interviewreihe zusätzlich unterstützt haben; Material rausgesucht und Ideen geliefert haben.

ABER wir sind noch nicht ganz am Ende der Reise. Marc Lütkemeier, der seit nunmehr auch über 20 Jahren an Bord ist, darf natürlich bei dieser Jubiläums-Interviewreihe nicht fehlen. Seine Einblicke in die Agenturgeschichte bekommt ihr dann im dritten und letzten Teil präsentiert. Bis dahin, habt eine schöne Woche!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert